Die Feministische Vernetzung setzt sich in Trier und Umgebung für intersektionalen Feminismus, gegen Sexismus und Patriarchat ein. Das bedeutet, dass das Recht auf körperliche Selbstbestimmung eines unserer wichtigsten Anliegen ist. Wir haben im Juli die AG Schwangerschaftsabbruch gegründet, die sich mit lokalen Akteur:innen vernetzt und sich dafür einsetzt, alle notwendigen Informationen zugänglich und in Trier Schwangerschaftsabbrüche möglich zu machen.
Denn unglaublicherweise sind sie das hier noch nicht. In dieser katholisch dominierten Stadt traut sich keine einzige gynäkologische Praxis, diesen einfachen medizinischen Eingriff anzubieten. Wer abtreiben will oder muss, muss nach Wittlich oder Saarbrücken fahren oder das eigene Leben bei einem unsicheren Abbruch, der nicht nach medizinischen Standards und mit ausreichender Nachsorge durchgeführt wird, riskieren. Eine klaffende und lebensgefährliche Versorgungslücke, die seit Jahrzehnten besteht und die hoffentlich bald geschlossen wird, wenn wir genug Druck ausüben!
Doch unsere Kämpfe können sich nicht nur auf die lokale Ebene beziehen. Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. So steht es im deutschen Gesetz, Paragraph 218 des Strafgesetzbuchs. Schwarz auf weiß: Abtreiben ist rechtswidrig. Die Schwangeren selbst und die durchführenden Ärzt:innen begehen eine Straftat. Diese Straftat bleibt heutzutage nur straffrei, wenn bestimmte Umstände gegeben sind, ein Beratungsgespräch durchgeführt wurde und die 12-Wochen-Grenze nicht überschritten ist.
Dieses rückständige Gesetz stammt aus dem Jahr 1871. Es ist also über 150 Jahre alt und stammt aus der Kaiserzeit. In 150 Jahren hat sich so viel getan, vom Frauenwahlrecht bis zum Nein-heißt-Nein-Gesetz… aber selbst über unsere Körper bestimmen dürfen wir immer noch nicht. Die Logik hinter dem Abtreibungsgesetz war von Anfang an, dass Frauen zu gebären haben, damit die deutsche Nation mehr Nachwuchs bekommt. Es handelt sich um einen Gebärzwang, bei dem die Bedürfnisse des Staates über die Freiheit und Gesundheit weiblich zugewiesener Körper gestellt werden. Aus demselben Grund fasste natürlich auch das NS-Regime extreme Maßnahmen gegen Abtreibung: Todesstrafe für abtreibende Ärzt:innen. Alles für die Erhaltung der „Lebenskraft des Volkskörpers“.
Doch die staatlich gewollte Erhaltung des „Volkskörpers“, die Produktion von Arbeitskraft und Kanonenfutter, ist nur eine Seite der patriarchalen Medaille. Die andere bildet die Kirche mit ihren unterdrückerischen Moralvorstellungen. Da sitzen unverheiratete alte Männer in langen Gewändern und wollen uns vorschreiben, was wir mit unseren Körpern tun und lassen sollen. Wenn diese Priester und Bischöfe sich so für den Schutz von Kindern interessieren, dann sollten sie vielleicht diejenigen schützen, die schon am Leben sind!
Diese zwei reaktionären Kräfte kommen in der modernen Lebensschutz-Bewegung zusammen. Diese stellt sich aus christlichen Fundamentalist:innen, dem rechten Rand der CDU, und der AfD zusammen. Sie verbreiten Lügen und emotional beladene Propaganda mit Bildern von „ermordeten Embryos“, terrorisieren auch gezielt ärztliche Praxen und Kliniken. Sie träumen von einer Rückkehr zur traditionellen Familie: ein Mann und eine Frau. Der Mann geht arbeiten, ist Beschützer und Bestimmer. Die Frau steht barfuß in der Küche. Die Hausfrau, von der sie träumen, würde niemals abtreiben wollen. Warum sollte sie? Außer Kinder machen und großziehen hat sie keinen Lebensinhalt. Doch Abtreibungsverbote haben noch nie Abtreibungen verhindert, sondern die Schwangerschaftsabbrüche nur unsicher und gefährlich gemacht!
Wir sagen: die Welt, von der die Abtreibungsgegner:innen träumen, ist traurig und einengend. In der wollen wir nicht leben. Wir träumen von einer Welt, in der Menschen ihr Leben frei gestalten können. Eine Welt, in der Kinder nur geboren werden, weil sie erwünscht und ersehnt wurden und nicht wegen irgendwelchen gesetzlichen oder moralischen Zwängen.
Wir fordern Abtreibungsmöglichkeiten in Trier! Wir wollen, dass Kliniken und Praxen in Trier sowohl den medikamentösen wie auch den instrumentellen Abbruch anbieten. Dass alle Schwangeren den Zugang haben, den sie brauchen, um ihre eigene Entscheidung zu treffen. Dass sie Unterstützung und Hilfeleistung bekommen, egal, welchen Weg sie wählen. Mehr als das: wir wollen nicht mehr von Gesetzen aus preußischen Gesetzbüchern regiert werden und noch weniger aus dem Alten Testament. Weg mit den Paragrafen 218 und 219 aus dem Strafgesetzbuch!
Wir lieben unsere Körper und so gehen wir mit ihnen um. Selbstbestimmt, aufgeklärt und lustvoll. My Body My Choice!