„Stonewall was a riot!“

Newsletterinput #26 vom 09. Juni 2022

Es ist Juni! Wieder schmücken sich Läden in der Trierer Innenstadt mit Pride-Flaggen, und auch auf Social Media sind überall Regenbogenfarben. Plötzlich sind alle Konzerne leidenschaftliche Verbündete der LGBTQIA-Community – natürlich nur bis zum 30. Juni um Mitternacht, wo sich Cinderella-mäßig der Zauber auflöst und alles wieder beim Alten ist. 

Was hat’s mit dem Pride Month auf sich? Wo kommt er her?

Alles fing in New York City mit dem Stonewall-Aufstand an. Am 28. Juni 1969 hatten sich LGBT-Menschen bei einer Razzia in der „Stonewall Inn“, einer Kneipe in der Christopher Street, gegen die Polizei zur Wehr gesetzt und damit einen mehrtägigen, gewaltsamen Aufstand losgetreten. Danach fanden jedes Jahr Märsche zum sogenannten Christopher Street Day statt. 
Ein paar Jahrzehnte später war dann die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz immerhin so weit, dass US-Präsident Clinton im Juni 1999 den „Gay and Lesbian Pride Month“ ausrief. Und seitdem ist der Juni offiziell der queerste Monat im Jahr! 
Es ist vielleicht wichtig zu bemerken, dass im Originalnamen „Gay and Lesbian Pride Month“ nur zwei Buchstaben aus dem Akronym LGBT vertreten sind – ein klassischer Fall von Unsichtbarmachung von bi und trans Menschen. Beim Stonewall-Aufstand 1969 war die trans Aktivistin Marsha P. Johnson eine zentrale Figur, und der erste CSD-Marsch 1970 wurde von der bisexuellen Feministin Brenda Howard organisiert, die dadurch den Spitznamen „Mother of Pride“ bekam. Bi und trans Menschen waren also genau wie Lesben und Schwule von Anfang an dabei!

Aus heutiger Perspektive ist es wichtig, an diese Geschichte zu erinnern. Der Pride-Monat wurde von der US-amerikanischen Regierung ausgerufen, dabei richtete sich der Stonewall-Aufstand gegen die Gewalt von Staat und Polizei. Viele Marken nutzen den Juni, um sich einen progressiven Lack zu geben und bei der LGBT-Kundschaft anzubiedern, dabei war die ursprüngliche Befreiungsbewegung explizit antikapitalistisch. Auch die CSD-Veranstaltungen kommen immer wieder in die Kritik, zu kommerziell geworden zu sein. Als Reaktion darauf hat sich in Berlin seit einigen Jahren eine Alternative etabliert: der „transgeniale CSD“ versteht sich als antikapitalistisch und polizeikritisch. Ähnliche Initiativen entstehen in anderen Städten – wer weiß, vielleicht eines Tages auch in Trier 😉