Intersex Solidarity

Newsletterinput #18 vom 07.10.2021
 
Am 26. Oktober ist Intersex Awareness Day. Intersex bedeutet, dass die Geschlechtsmerkmale nicht eindeutig zuzuordnen sind oder bei den Geschlechtschromosomen Abweichungen vorkommen. Das Gegenteil wird ‚endosex‘ genannt, also wenn die Geschlechtsmerkmale bei Geburt eindeutig in die Kategorien weiblich oder männlich sortiert werden konnten.
 
Während wir auf keinen Fall Intersexualität und Transidentitäten miteinander verwechseln sollten – Transsein bedeutet, dass die Geschlechtsidentität nicht mit der zugeordneten übereinstimmt, während es bei intersex um die körperlichen Merkmale geht – kämpfen trans* und inter* Menschen für ähnliche Ziele. Geschlecht lässt sich weder körperlich noch als Identität in ein klares Binärsystem einteilen. Warum wird aber trotz dieser Tatsache, dass es eindeutig ist, dass es nicht nur die zwei binären Geschlechter gibt, noch so oft behauptet, dass es nur männlich und weiblich gibt? Das ist eigentlich ziemlich einfach zu beantworten, denn wenn ein Kind geboren wird, das man nach der Geburt weder eindeutig als Junge noch als Mädchen identifizieren kann wird diesen Kindern einfach ein Geschlecht zugewiesen, oder sie werden zu einem Geschlecht um operiert. Somit werden sie einfach für unser binäres Geschlechtssystem „passend gemacht“. Dass das nicht richtig ist und schwerwiegende Folgen für diese Menschen hat oder haben kann, müsste eigentlich klar sein, dennoch wird diese „Behandlung“ auch in deutschen Kliniken weiterhin praktiziert. Solche Eingriffe an Kindern wären unter dem im Juni vom Bundestag abgelehnten Entwurf des Selbstbestimmungsgesetz verboten worden. Dieses sollte nicht nur längst überfällig das diskriminierende Transsexuellengesetz ablösen, sondern auch eben genitalverändernde Operationen an Kindern unter 14 Jahren verbieten. Ab 14 soll das Kind dann selbst entscheiden können, ob es operiert werden möchte oder nicht.
 
Doch was kann ich als endosex Person nun tun, um solidarisch mit inter* Personen zu stehen? Ein erster Schritt wäre es einfach zuzuhören und sie sprechen zu lassen. Ihnen helfen, dass ihre Stimme gehört wird und im Alltag wiedersprechen und Kontra geben, wenn wieder mal jemand behauptet, dass es nur zwei Geschlechter gäbe. Und mit ihnen zu kämpfen, dass kein Kind mehr erleben muss, dass es gegen seinen Willen zu einem „eindeutig zuordenbaren“ Kind um operiert wird. Endosex Personen müssen solidarisch mit denen stehen, die weniger privilegiert sind als wir. Am Intersex Awareness Day heißt das konkret, dass wir einen Schritt zurücktreten und einerseits uns selbst reflektieren und andererseits Platz für Menschen mit einer Stimme, die viel zu selten gehört wird, machen. Wir müssen mit ihnen kämpfen, mit ihnen demonstrieren und ihnen zuhören, damit Kinder diesen ihnen aufgedrückten Weg nicht mehr gehen müssen. Wir müssen uns auch dafür einsetzen, dass im neuen Bundestag das Selbstbestimmungsgesetz Thema wird und bleibt. Stehen wir, nicht nur an diesem Tag, solidarisch mit denen, die noch immer um ihre Identität kämpfen müssen!