Femory

Newsletterinput #22 vom 04. Februar 2022
 
Am 27.01. hatten wir unseren monatlichen öffentlichen Stammtisch im Schmit-Z und haben Femory gespielt: feministisches Memory mit Genderbegriffen.
Im Gegensatz zu Memory geht es bei Femory nicht darum, Paare aus zwei gleichen Dingen zu machen, sondern es werden Gegensätze gepaart: „binär“ mit „nichtbinär“, „cisgender“ mit „transgender“, „weiblich sozialisiert“ mit „männlich sozialisiert“. Das führt bei einigen Begriffen zu interessantem Gesprächsstoff: was ist eigentlich das Gegenteil von „Frau“? Ist es „Mann“? Oder etwa „Nicht-Frau“? Was bedeutet eigentlich „dyadisch“? Im Austausch miteinander konnten wir voneinander lernen.
Danach haben wir die Femory-Karten benutzt, um den Sammelbegriff „FLINTA*“ einzugrenzen. FLINTA* ist ein Überbegriff für alle geschlechtlichen Identitäten, die im Patriarchat marginalisiert werden. Das Akronym steht für Frauen, Lesben, Inter*, Nichtbinär, Trans* und Agender Menschen. Das heißt: alle Frauen und nichtbinäre Menschen fallen automatisch unter FLINTA*, aber natürlich können Männer auch FLINTA* sein. Zum Beispiel Transmänner, oder intergeschlechtliche Cismänner.
Auch hier hat sich ganz viel Gesprächsstoff ergeben und wir haben einige interessanten Erkenntnisse gemacht. Zum Beispiel: weiblich gelesene Menschen fallen nicht unbedingt unter FLINTA*. Aber auch: auch Menschen, die nicht unter FLINTA* fallen, können von Sexismus betroffen sein. Daraus ergeben sich neue Fragen: gibt es überhaupt jemanden, der nicht von Sexismus betroffen ist? Kann es eine Person geben, die bei der Geburt weiblich zugewiesen wurde und dennoch männliche Sozialisierung erfahren hat? Was ist mit der Unterteilung in „männlich gelesen/ weiblich gelesen“? Unsere eigene Lebenserfahrung zeigt uns, dass wir je nach Situation ganz unterschiedlich gelesen werden können. Sind die Kategorien deswegen bedeutungslos?
Was im Austausch untereinander offensichtlich wurde, ist: immer, wenn angefangen wird, in binären Kategorien zu denken, stellt sich bald heraus, dass die Realität komplizierter ist. Oft gibt es eben nicht nur entweder und oder, sondern auch beides oder nichts oder eine dritte Option.
Außerdem hat das Spiel zum Nachdenken angeregt: in unterschiedlichen Kontexten sind unterschiedliche Unterteilungen sinnvoll. Dass FLINTA* so ein breitgefächerter Sammelbegriff ist, ist seine Stärke. Aber manchmal ist es sinnvoll, genauer zu sein, um sehr unterschiedliche Menschen nicht über einen Kamm zu scheren. Einige der Begriffe auf den Femory-Karten beschreiben Identitätslabels, die Menschen sich gerne selbst zuschreiben. Andere beschreiben äußere Lebensbedingungen. Einige der Begriffe, und da wird es interessant, beschreiben beides.
Im queeren Aktivismus wird unterschieden zwischen dem Identitätsmodell und dem Befreiungsmodell: zwei Modelle, die nicht in Opposition zueinander stehen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Es lohnt sich, diese Differenzierung in unsere feministische Analyse zu integrieren.